
Unter dem Motto „Wir haben die Wahl“ ruft das interreligiöse Forum Potsdam dazu auf, sich an den Europa- und Kommunalwahlen am 9.6.2024 zu beteiligen und dabei die demokratischen Kräfte zu stärken. Mit denselben Worten lud der evangelische Gemeindesprengel Caputh-Geltow in die Caputher Kirche zu einem Gesprächsforum am 26.5.2024 mit den Kandidierenden ein.
In drei Gesprächskreisen kamen nach einem Themengottesdienst über 60 Menschen ins Gespräch. Etwa die Hälfte davon kandidieren spannenderweise selbst für die Kommunalwahl. Die antretenden Parteien und Wählervereinigungen waren tatsächlich fast vollständig vertreten. „Wir haben uns große Mühe gegeben. Es konnten aber nicht alle eingeladen werden, weil wir schlicht von vielen Kandidierenden keine Kontaktdaten finden konnten. Gut, dass die Mund zu Mundpropaganda offenbar gut funktioniert hat“, sagte Pfarrer Frank-Michael Theuer zu Beginn des Gesprächsforums.
„Politik ist, was alle angeht. Die Kirche steht mitten im Dorf!“ so hatte Theuer zuvor gepredigt. An den drei Tischen sollte es um ‚Frieden‘, ‚Gerechtigkeit‘ und ‚Bewahrung der Schöpfung‘ gehen, alles Themen, die so nicht auf dem Wahlschein stehen. Aber es sei relevant, dass hinter den vielen derzeit diskutierten konkreten Vorschlägen zur künftigen Kommunalpolitik das große Ganze im Blick behalten werde.
Die Anwesenden nutzten gerne die Gelegenheit, vieles zu erfragen und sich von der Seele zu reden. In kleinen Grüppchen standen viele noch lange nach Abschluss der Veranstaltung zusammen.
Eine transparentere Gemeindepolitik wünschten sich selbst gestandene Gemeindevertreter. Viele Dinge seien ja oft schon in den eigenen Gremien kaum verstehbar. Wie solle man das dann noch den Bürgern erklären können? Gegen Betriebsblindheit neue, engagiert Leute in die künftige Gemeindevertretung zu bringen, das sei sicher gut. Und so ist es auch zu erwarten, wenn sich über 130 Personen für nur 22 Sitze im Gemeinderat zur Wahl stellen.
Zu Beginn der neuen Legislatur einen Kassensturz zu machen, um das bestehende Haushaltsdefizit des laufenden und der kommenden Jahre aufzuarbeiten, wurde gefordert.
Über die Caputher Mitte, ob dies ein gutes oder problematisches städtebauliches Entwicklungsprojekt ist, stritten vor allem die Kandidierenden untereinander. Eine Debatte im Ausschuss hätte ähnlich geklungen.
Es wurde diskutiert, ob man die Geschäftsordnung der Gemeindevertretung ändern solle, um mehr Beteiligung der Bürger in den Gremien zu ermöglichen? Ob man eigentlich wisse, wie undankbar und erschöpfend die praktische Arbeit im Ortsausschuss sei, wenn sich dann monatelang überhaupt keine Bürger mehr blicken ließen? Dass das wiederum daran liegen könnte, dass der Versuch ein konkretes Anliegen dort vorzubringen eine reine Frustrationsübung sei?
Um solcher Art Fragen wirklich auszudiskutieren, waren die 20-minütigen Gesprächsrunden eindeutig zu kurz. Es wurde angerissen – und abgebrochen. Und trotzdem – die Fülle an relevanten Themen und Anliegen kam schließlich durch Kärtchen, die die Anwesenden ausfüllten, sehr deutlich zum Ausdruck. Ein Baum der Erkenntnis wurde es am Ende vielleicht nicht. Aber eine lange Perlenschnur voller Wünsche an die Zukunft, vor allem auch an die künftig Gewählten, wurde es dann doch. Sie ist weiterhin in der Gebetsecke der Kirche zu betrachten!

Andreas von Zadow, 30.5.2024