
Keine INSEK–Umsetzung ohne ehrenamtliches Engagement
Es betrifft uns alle. Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) für Schwielowsee nimmt Form an. Das INSEK-Planerteam stellte am 6. Juli 2024 seine Stadtentwicklungsperspektiven für Schwielowsee vor, die es aus der Fülle aller Themen und Anregungen des etwa einjährigen Untersuchungs- und Beteiligungsprozesses abgeleitet hat. Noch ist es ein Entwurf, der bei dieser Veranstaltung zunächst intern von Mitgliedern der Gemeindevertretung, der Ortsbeiräte und weitere Gremien erörtert wurde. Ein Fazit kann man daraus aber jetzt schon ziehen: Der Gemeinde werden eine Reihe substanzieller Zukunftsstrategien abverlangt, die es bisher so noch nicht gab. Insofern scheint sich der INSEK-Aufwand auszuzahlen.
Der Entwurf des INSEK mit Analysen, Zahlen und Fachstrategien soll voraussichtlich im September öffentlich präsentiert und diskutiert werden. Danach schließt sich eine Erörterung in den kommunalen Gremien an, damit es im Dezember 2024 offiziell beschlossen werden kann. Mit dem INSEK hätte die Gemeinde Schwielowsee dann ab 2025 eine neue solide Grundlage für ihr kommunales Handeln und für die Beantragung von Fördermitteln zur Verfügung.
Aus der sechsstündigen Veranstaltung hier zwei ausgewählte Themen.
Ausgehend von den gesetzlichen Rahmenbedingungen wird auch die Gemeinde Schwielowsee in Zukunft aktiv den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren und diese Minderung regelmäßig nachweisen müssen. Die ist ein wichtiger Beitrag zur Einhaltung des nationalen Zieles der Treibhausgasneutralität bis 2045. Für die Umsetzung von gemeindlichen Maßnahmen zum Klimaschutz stellt das Umweltbundesamt 20 Steckbriefe mit 38 Maßnahmen für die Kommunen bereit. Von den Gemeinden wird eine aktive Klimaanpassung erwartet. MIt baulichen Maßnahmen sollen Gemeinden Teile ihrer Infrastrukturen so umbauen und anpassen, dass sie für extremklimatische Ereignisse vorbereitet sind, z.B. auf Starkregen, Stürme, Hitzeperioden und Wasserknappheit.
Ein anderes komplexes Thema drängt: Strategien zur Wohn- und Siedlungsentwicklung in Schwielowsee. Bereits heute gibt es Defizite insbesondere an bezahlbarem Wohnraum. Die Planer prognostizieren bis 2040 einen Bedarf an 1000 bis 1500 Wohnungen, ohne jede Sondereffekte. Diese könnten z.B. eintreten, falls sich große Unternehmen in einem möglichen Industriegebiet Ferch/Seddin ansiedeln würden. Wohnungsunternehmen oder Genossenschaften gibt es in Schwielowsee nicht, mit deren Hilfe die Kommune zusätzlichen Wohnraum schaffen könnte. Die Gemeinde verfügt kaum noch über eigene Grundstücke, um Wohnbauflächen in Größenordnungen ausweisen zu können. Eine Außenerweiterung von Siedlungsflächen ins Grüne ist aufgrund bestehender Natur-, Wasser- und Landschaftsschutzgebiete weitgehend ausgeschlossen.
Neben der Umsetzung bereits bestehender und geplanter B-Pläne in einer Größenordnung von 200-400 WE wird also die Hauptstrategie der Gemeinde zur Schaffung weiteren Wohnraums die Nachverdichtung der Innenbereiche aller drei Ortsteile sein müssen. Dies ist sehr viel leichter gesagt als getan. Ein solcher im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, reduzierter Flächen- und Ressourcenverbrauch bedarf erheblicher ökonomisch attraktiver Anreize, um private Eigentümer zum MItmachen zu gewinnen. Es wird auch zu sichtbaren Veränderungen der Ortsbilder in den anerkannten Erholungsorten führen.

Im INSEK werden neben Wohnungsentwicklung, Klimaschutz und Klimaanpassung viele weitere Themen aufbereitet, für die es Zukunftsstrategien zu entwickeln gilt, darunter z.B. die Schulentwicklung, Verkehrswege und Mobilität, die Attraktivierung Schwielowsees für die Weiterentwicklung von Tourismus und Gewerbe. Die Realisierung des – Mottos „Attraktives Arbeiten, Wohnen und Leben“ bedarf erhbelicher Anstrengungen.
Wie könnte das Gelingen? Für die Umsetzung dieser großen Themen werden fachlich qualifizierte planerische, juristische und kommunikative Kapazitäten benötigt, die der Gemeinde derzeit so nicht zur Verfügung stehen. Das ist ein echtes Dilemma.
Damit sind wir bei dem Fakt, dass die Gemeinde für die kommenden Jahren einen defizitären Haushalt beschlossen hat. Wir haben darüber berichtet. Praktisch bedeutet das, „dass für unserer Gemeinde Investitionskredite derzeit nicht mehr genehmigungsfähig sind, weil wir die Zinsen nicht zurückzahlen können!“ so Kämmerer Matthias Großholz auf der Veranstaltung.
Wie also kann in der Gemeinde eine nachhaltige Zukunft mit mehr Qualität und Attraktivität in zentralen Bereichen geschaffen werden, wenn für zusätzliche Anstrengungen weder Investitionen noch zusätzliches Personal finanzierbar sind? Qualität und Attraktivität der Gemeinde sind aber zugleich die Grundlage, damit die Anzahl an Einkommensteuerzahlern, Gewerbetreibenden, Selbständigen und Dienstleistern, die der Gemeinde einen wichtigen Teil der Einnahmen bescheren, erhalten bleiben oder besser noch ansteigen.
Auf Bund und Land zu warten, bis diese entsprechende Förderprogramme auflegen, dürfte keine nachhaltige Lösung sein. Förderprogramme sind oft ein Segen, stehen aber meist nur begrenzt und nicht für alles zur Verfügung.

Was Schwielowsee sofort aus eigener Kraft tun kann? Wie wäre es, wenn wir uns auf eine bewährte Zusammenarbeit besinnen würden: Kompetente Einwohnerinnen und Einwohner, die sich ehrenamtlich für wichtige Vorort-Themen engagieren. Vieles in der Gemeinde funktioniert seit Jahrzehnten ausschließlich so: Sport, Kultur, Konzerte, Soziales, allen voran die freiwillige Feuerwehr. Die ehrenamtliche Klimainitiative bringt seit Jahren auf diese Weise wichtige Themen voran. Zusammen mit anderen kümmert sie sich ganz praktisch um die Rettung des Caputher Sees. Keine Kleinigkeit!
Jüngstes Beispiel ist die Initiative zur Kommunalen Wärmeplanung, auch eine neue Pflichtaufgabe der Kommunen. Unter der Leitung von Prof. Ernst Huenges (GFZ) traf sich zu diesem Thema erstmals am 25.6.2024 alles was Rang und Namen hatte, Politik, Verwaltung und Experten. Selten war eine derartige Fülle von Kompetenz aus Schwielowsee, Michendorf und Potsdam in einem Raum versammelt.
Eine Aktivierung schlauer Köpfe – das sollte weiter Schule machen!
Dazu könnte ein „Zukunftsforum Schwielowsee“ ins Leben gerufen werde, eine Reihe öffentlicher Veranstaltungen, vielleicht in zweimonatigem Abstand, in denen ab 2025 der Reihe nach die INSEK-Themen ausgerollt und vorgestellt werden. Jeweils mit einem Aufruf zur Eigeninitiative verbunden. Mit einer Einladung, vorhandenes Fachwissen und Kompetenzen aus der Bewohnerschaft für Schwielowsee zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinne hätte ein Zukunftsforum Schwielowsee sowohl eine Innen- (Aufbau aktiver Fachzirkel) als auch eine Außenwirkung, um die Öffentlichkeit und Bürgerschaft bei diesen Themen mitzunehmen.
Die Einrichtung eines „INSEK-Unterstützerkreises“ aus ehrenamtlichen tätigen Fachleuten, Planern, Mitgliedern der Verwaltung und Gemeindevertretung wäre ein ergänzendes Format, um bis 2040 die Umsetzungsstrategien zweimal jährlich fachlich konstruktiv zu begleiten.
Die Möglichkeiten zu neuen, kraftvollen, wissensbasierten Strukturen ist da. Es spricht vieles dafür, das vorhandene Potential für die Zukunftsentwicklung Schwielowsees zu aktivieren. Man muss es allerdings zulassen.
A.v.Zadow 10.7.2024
Das INSEK Planerteam Schwielowsee war am 25.6.2024 vertreten mit Anette Hartfiel, Ronja Krämer, Heinz Tibbe (Gruppe Planwerk) und Frau Schliecker (nhst architekten).
Die INSEK Inhalte und Ergebnisse werden fortlaufend auf der Webseite der Gemeinde und der Beteiligungsplattform adhocracy dokumentiert.